Claudias Welt - Das Spiel 21: Braal vom Volke der La
- claudia_roman

- 15. Mai 2021
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 9. Aug. 2023
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Eine Collage aus Bildern von Noémie Girardet, Susanne Stöckli und
Fabio Grandis auf Pixabay
„Was brüllst du denn hier rum?“, hörst du das Kind wie aus weiter Ferne.
„Ich brülle doch gar nicht!“ Der Mann klingt empört.
„Dich meine ich doch gar nicht, Großvater. Der Mensch stellt sich gerade an, als hätte er noch nie in seinem Leben eine Scharluthe gesehen.“ Und dann wieder an dich gewandt:
„Jetzt komm schon. In unserem Dorf sind viele Leute. Vielleicht weiß jemand, wo man diesen komischen Professor findet, den du suchst.“
Vorsichtig, ganz vorsichtig setzt du einen Schritt vor den anderen in stiller Erwartung, von diesem Scharluthenmonster, aufgehalten zu werden. Dir ist klar, dass der Schmerz, der dich in der kurzen Zeit in dieser Welt heimgesucht hat, etwas mit der Gestalt hinter dir zu tun haben muss. Du erwartest, dass er dir auch jetzt wieder vom Rückgrat über den kompletten Körper ausstrahlt und dir die Luft zum Atmen nimmt. Doch nichts passiert. Du schaust dich um, und stellst fest, dass dich die Scharluthe weiter verfolgt. Sie wirkt wie das Negativbild eines Schattens und hält immer noch das schlagende Herz in der Hand, das durch eine Nabelschnur mit deinem Rücken verbunden zu sein scheint. Ist das etwa dein Herz? Aber wie ist das möglich? Und welchen Sinn soll das haben? Du wendest dich ab. Du hast kein Verlangen danach, die Erscheinung länger zu betrachten.
Auch als du endlich versuchst, schnellen Schrittes das Mädchen und seinen Großvater einzuholen, merkst du von der Anwesenheit der Scharluthe nichts und doch erkennst du aus den Augenwinkeln, dass sie dich verfolgt.
Du kommst dir ein wenig dumm vor, wie du so hinter dem Mann und seiner Enkelin hertrottest und das Gespräch verfolgst, das sie führen.
„Ich kann dir nicht erlauben, den Menschen zu behalten. Das musst du mit deiner Mutter ausmachen. Du weißt, wir haben nur ein kleines Haus.“
„Aber wir haben nun ein bisschen mehr Platz, wo der Fridolin doch explodiert ist.“
„Fridolin war ein Esel, Gilli, ein Nutztier. Er hat unseren Einkauf nach Hause getragen. Welch einen Nutzen soll ein Mensch haben?“
„Der Mensch kann den Einkauf doch auch nach Hause tragen.“
„Menschen tun nie, was man ihnen sagt. Warum sollten sie es beim Einkaufen anders machen?“
„Er kann uns lustige Dinge erzählen.“
„Auch das ist keine gute Idee. Menschen können nicht sprechen –“
„Also ich finde, dieser Mensch spricht ziemlich gut.“
„Das zählt nicht, du bist eine halbe Mes. Du redest auch mit deiner Milchschüssel.“
„Ja, aber die labert nur dummes Zeug. Dieser Mensch ist viel witziger. Er kann uns zum Lachen bringen. “
„Oh, Gilli! Mädchen! Du weißt genau, was passiert, wenn wir lachen müssen. Wir können nicht ständig neue Esel kaufen.“
„Den können wir ja ins Schlafzimmer stellen, wenn der Mensch seine lustigen Geschichten erzählt.“
„Diskutiere das bitte mit deiner Mutter. Ich halte mich da raus.“
Ihr bewegt euch in die Richtung, in der vor weniger Zeit noch die Silhouette eines Turmes in den Himmel ragte. Der ist nun ebenso verschwunden, wie auch die stetige Dämmerung, die über dem Feld lag, als du aus dem Wald tratst. Du hast ihren Wandel in einen strahlenden Tag kaum mitbekommen, so sehr warst du in den merkwürdigen Dialog deiner beiden Begleiter gefangen.
Der Weg geleitet euch fort von dem Wald und zieht sich weiter durch saftig grüne Hügel. Leichte Böen verfangen sich im Geäst der Bäume, die hier und da ihre dünnen Äste in die Höhe recken und lassen die Blätter rauschen. Der Hauch von frischem Gras, Frühlingsblumen und Holz vermischt sich mit dem Geruch von Blut und Innereien, der euch immer noch begleitet. Wenigstens, so stellst du erleichtert fest, tropfen weder Körperflüssigkeiten noch andere organische Substanzen zu Boden.
Ein Baum steht am Rand des Pfades. Er hat sein Blätterdach weit über den Weg gebeugt und spendet seinen Schatten einer Person, die an seinen Stamm gelehnt, in eine Lektüre vertieft zu sein scheint. Beim näherkommen erkennst du, dass die Figur nicht auf ein Buch, sondern auf ein Holzscheit starrt, während sie hin und wieder tut, als blättere sie mit ihren lächerlich langen Fingern eine Seite um. Überhaupt sind die Proportionen dieser Gestalt bemerkenswert. Ihr Torso wirkt gedrungen und die Gliedmaßen ungewöhnlich lang, was ihr ein insektenhaftes Aussehen verleiht. Unterstrichen wird dieser Eindruck von dem winzigen Kopf, der unter einer viel zu großen Melone fast verschwindet.
Als ihr an dem Holzscheitleser vorbeizieht, blickt er von seiner Lektüre auf. Er muss den Kopf weit in den Nacken legen, damit seine schwarzen Knopfaugen euch erfassen können.
Grußlos erhebt er seine Stimme, obwohl „erheben“ keine passende Umschreibung für die Töne sind, er produziert. Sie erinnern dich an das Gezwitscher von Wellensittichen: „„Wisst ihr, wo ich das nächste Dorf finde?“
Der Mann und das Mädchen bleiben so abrupt stehen, dass du fast in sie hineinläufst. Du schaffst es jedoch, anzuhalten, ohne das Gleichgewicht zu verlieren.
„Natürlich! Es ist unser Dorf“,antwortet der Mann.
„Wenn du willst, kannst du uns begleiten!“, ruft das Mädchen aus. Die Aufregung in seiner Stimme ist nicht zu überhören. „Wir haben auch schon einen Menschen gefunden. Einen Menschen mit einer Scharluthe. Die sind total selten!“
„Was ist denn dein Begehren?“ Der Mann dämpft mit der Ernsthaftigkeit seines Tonfalls die Euphorie seiner Enkelin.
„Wer seid ihr denn, dass ich euch Auskunft schuldig bin?“
Der Mann und das Mädchen schauen sich an.
„Nun, Auskunft bist du uns keine schuldig“, sagt der Mann langsam dann an den Fremden gerichtet. „Aber es wäre trotzdem nett, sich vorzustellen. Ich bin Nohaar aus dem Dorf Blixt und das ist Gilli, meine Enkelin. Ich gehöre dem Volk der Ni an.“
„Ihr seid also die, die nicht Lachen können?“
„Nun, Lachen können wir schon. Es hat nur unschöne Konsequenzen. In den Adern meiner Enkelin fließt noch sehr viel Blut vom Volk der Mes. Mein Schwiegersohn war einer von ihnen, bevor er leider, leider vor einigen Jahren geplatzt ist. Genau am Abend der Hochzeit meiner Tochter. Kurz nachdem sie die Ringe gewechselt und sich gegenseitig in die Suppe spuckten. Es war eine traurige Geschichte. Er war ein so lustiger Geselle und hat uns fatalerweise an seinem Dialog mit einem Fleischklöschen teilhaben lassen.“
„Und deine Enkelin kann mit Dingen sprechen?“
„Nicht mit allen Dingen!“, widersprach Gilli. „Überwiegend rede ich mit langweiligen Haushaltsgegenständen. Dieser Mensch ist endlich einmal eine spannende Ausnahme.“
„Und wer bist du?“, fragt der Großvater.
„Ist es denn nicht offensichtlich, dass ich Braal vom Volke der La bin?“
Du bist über den schroffen Ton erstaunt, mit der Braal vom Volke der La auf die doch freundliche Frage des Großvaters antwortet.
Für Nihaar und Gilli hingegen war die Reaktion erhellend.
Das ‚Ach so!‘ entfährt ihnen wie aus einem Munde. Du musst zugeben, dass dich die Szene neugierig macht und du kannst dich jetzt für eine Frage entscheiden, die du an Gilli stellst. Der Großvater kann dich eh nicht hören.
Teil 10 (a) Warum reagiert Braal vom Volke der La so schnippisch auf die Frage des Großvaters? Ist er etwa eine bekannte Persönlichkeit?
Teil 10 (b) Warum hält Braal vom Volke der La immer noch den Holzscheit wie ein Buch auf seinen Oberschenkeln und was glaubt er dort zu lesen?
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