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9.Des Weihnachtshorrors neunter Teil: Loretta möchte lösen

  • Autorenbild: loretta-cecilia
    loretta-cecilia
  • 23. Dez. 2021
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 4. Jan. 2022


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Es ist eine ganze Weile her, dass ich mich auf dieser Website kreativ ausleben konnte.

Natürlich war ich das eine oder andere Mal im einen Figureninterview zu finden, meine eigene Rubrik habe ich jedoch, so muss ich wohl oder übel zugeben, schändlich vernachlässigt.


In erster Linie war das meinem fordernden Lebensstil geschuldet, der mir kaum noch Raum für Öffentlichkeitsarbeit lässt. Es ist für eine langweilige Durchschnittsperson kaum nachzuvollziehen, welche Arbeit die Ermordung von Menschen mit sich bringt und welche Last das Verwischen von Spuren darstellt, selbst (oder vielleicht auch gerade), wenn es sich um eine geniale Täterin handelt, die ich unzweifelhaft bin. Der naive Außenstehende mag es nur für ein Hobby halten, sieht aber weder den Zeitumfang, die für die Beseitigung der ganzen Schweinerei, die Entsorgung der Leiche, das Vernichten von Spuren und das legen von Finten aufgebracht werden muss, noch den ganzen Papierkram, der auf die Täterin wartet, wenn sie sich trotz bester Vor- und Nachbereitung auf die Liste der Tatverdächtigen verläuft oder auch nur als Zeugin geladen wird.


Ich schweife ab. Schließlich soll es hier zwar um mich, nicht jedoch um meine Lieblingsbeschäftigung gehen. Ich muss gestehen, es fällt mir nicht leicht, denn ich bin im Grunde genommen ein äußerst kommunikativer Mensch und habe nicht sehr oft die Möglichkeit, mich über meine Lieblingstätigkeit auszutauschen.


So komme ich also schweren Herzens zu dem Anliegen, mit dem die Autorin höchst persönlich vor meiner Türschwelle stand, mit verheulten Augen und dem Kästchen in der Hand. Es war ganz genau das Kästchen, nach dem ich schon so lange suchte und wäre ich nicht eine Figur in einer Weihnachtsgeschichte, die neben der Haupthandlung stattfände, hätte ich nicht gezögert, sie zu töten und mir das Kästchen anzueignen. Mir war jedoch klar, dass die Autorin ein anderes Ziel verfolgte und mir ihre Ermordung deshalb nicht gelingen sollte, egal, wie sehr ich es darauf anläge.

Ihr Anliegen war zu gleichen Teilen absurd wie außergewöhnlich und hätte ich nicht selbst jede Menge Absurditäten im Verlauf meines Lebens erfahren, ich wäre drauf und dran gewesen, ihren Geisteszustand in Frage zu stellen.

Ich brauche nicht ins Detail zu gehen. Die Gesichte um das niedliche Wesen, das die Website der Autorin geklaut hat, sollte hinreichend bekannt sein. Auch die Frage, die das Wesen sein Opfer zu beantworten nötigte, brauche ich nicht zu wiederholen. Ihre Bitte war nun, den niedlichen Waigs zu überzeugen, ihr die Website-Adresse neu einzurichten und zwar auf meine Weise.

Man muss, um das Kästchen zu öffnen irgendeinen geheimen Mechanismus betätigen oder einen Zauberspruch aufsagen, so genau habe ich es mir nicht gemerkt. Ich hatte aber weder das eine noch das andere und die stille Hoffnung, dass ich diese Information nun von der Autorin bekommen sollte. Eine blödsinnige Hoffnung, ich weiß!

Und tatsächlich verschwand die Schöpferin auf die Toilette (ich wartete vor der Tür), kam mit dem geöffneten Kästchen wieder heraus und verabschiedete sich. Wir hatten abgemacht, dass ich für die Informationsbeschaffung keine halbe Stunde benötigen würde und wir verabredeten uns nach einem großzügig bemessenen Zeitrahmen.


Ich nahm das Kästchen und begab mich ebenfalls in die Toilette. Das hatte pragmatische Gründe, denn auf den Fliesen ließ sich die Sauerei, die ich hoffte anrichten zu können, schneller beseitigen.


Wie die Autorin mir erzählte, fand ich den Waigs in dem Kästchen in einem Wald. Aber diesmal hüpfte es nicht vor einem Lagerfeuer, sondern hatte sich neben der Glut zum Schlafen niedergelegt. Ich war beinahe enttäuscht, als ich es mit den Fingerspitzen zu fassen bekam und aus der Schatulle zog. Ich hatte mit mehr Gegenwehr gerechnet.


Ich habe keine Ahnung, ob es mich erstaunt, verschlafen oder entsetzt anstarrte, die Pudelmütze verdeckte die Augen, aber seine kleine, rote Nase wackelte aufgeregt.


„Was soll das, du mieses Stück!“, beschimpfte es mich. „Siehst du nicht, dass ich niedlich bin?“


„Und wie!“, rief ich entzückt. „Du bist so niedlich, dass ich dich jetzt springenden Herzens das Klo hinunterspülen werde!“ Dann klappte ich den Toilettendeckel auf und betätigte drohend die Spültaste. Den Waigs hielt ich tief in die Schüssel, so dass ihn einige Spritzer des Wasserwirbels trafen.


„Wage es nicht! Meine Rache wird furchtbar sein!“


Ich machte eine Pause, als überlegte ich. „Du hast mich überzeugt. Ich werde dich nicht in die Kanalisation entsorgen.“ Ich setzte den Waig auf das Waschbecken neben der Toilette, ohne ihn jedoch loszulassen. „Ich werde dir erst deine niedliche, rote Nase abschneiden!“


„Wenn du das tust!“, kreischte da der Waig, „werde ich dich mit meinen Blicken zermalmen. Ich habe nicht nur mächtige Freunde, sondern auch einen großen Bruder. Der wird dich mit Wattebällchen beschmeißen, bis du blutest.“


„Ich muss zugeben“, gab ich zu, „deine Worte schüchtern mich ein. Aus diesem Grund ändere ich die Taktik und fahre gleich mit dem schweren Geschütz auf.“ Ich hob das Männchen vom Waschbeckenrand und ließ es dicht vor meinem Gesicht baumeln. „Ich weiß nämlich, wie du heißt...“


„Quatsch!“

„... und ich werde es der Autorin verraten.“

„Und was soll das bringen? Die Website bekommt sie dadurch auch nicht wieder.“

„Das werden wir sehen. Ich glaube nämlich, dass du viel zu neugierig bist zu erfahren, dass ich weiß, dass du ‚Hirsch‘ heißt.“


Der Waig schrie auf. „Wer hat dir das verraten? Welchen faulen Zauber hast du dazu benutzt? Los! Sag es mir!“


„Ich sag es dir...“

„Sofort!“

„Wenn du mir verrätst, was du mit der Website der Autorin gemacht hast.“

„Nichts!“

„Gut!“ Ich ließ das kleine Wesen erneut über der Toilette baumeln. „Dann wirst du unwissend in der Kläranlage enden.“

„Das ist die Wahrheit! Ich habe mit dieser dusseligen Website nicht das geringste zu tun. Diese Knallerbse von Autorin hat einen Zweijahresvertrag für ihre Domain abgeschlossen und der ist ausgelaufen. So einfach ist das! Aber da sie daraus so eine große Sache machen wollte, habe ich einfach mitgespielt.“



Die Autorin staunte nicht schlecht, als ich ihr schließlich die wahre Ursache ihres Problems offenbarte. Ich nehme an, sie wollte von der Peinlichkeit der Sache ablenken, als sie fragte, wie ich denn den Namen des Waig herausgefunden hatte.


Es war das kleine Liedgut, das an ein anderes Märchen anlehnte, dass mich auf die Spur führte: „Ach, wie gut, dass niemand weiß, dass ich in die Kiste...“ Wenn man die Fortsetzung des Zitats mit dem Wort ausfüllt, was einem als erstes in den Sinn springt, (ich denke nicht, dass ich genauer werden muss) mit der Frage kombiniert, wo das Wesen den hieße, ist mir ein Scherz eingefallen, mit dem ich bereits in der Schule Heiterkeit bei meinen Klassenkameraden und schelte von den Lehrern erntete. Dazu muss man nämlich den Satz „Hirsch heiß ich“ mindestens dreimal schnell hintereinander sprechen.


Ich begnüge mich damit, darauf hinzuweisen, dass aus dem „Hirsch“, sehr schnell das Wort Hier und der Anfangslaut eines zweiten Wortes wird. Ich fand es also sehr überzeugend, dass die Frage mit dem Namen des Waigs zu beantworten ist und der war mit hoher Wahrscheinlichkeit „Hirsch“.


Somit beließ ich den Fortgang der Geschichte der Autorin, die nun hoffentlich weiß, was sie zu tun hat. Zur Belohnung durfte ich das Kästchen behalten, was aber völlig wertlos ist. Darin ist überhaupt nichts, auch Hirsch nicht mehr, den hatte ich nämlich dann doch noch die Toilette heruntergespült.


Jetzt ärgere ich mich ein wenig darüber. Der Waig und ich, wir hätten noch viele Abenteuer bestehen und Morde begehen können. Ich bin fast sicher, wir wären ein richtig niedliches Team geworden.


Aber was soll’s. Vielleicht kommt er zurück. Ich meinte, etwas in der Art aus dem Wasserstrudel heraus gehört zu haben.


Wir werden sehen.


Loretta Nada



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©2019 Claudia Roman - Autorin. Erstellt mit Wix.com

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