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Claudias Welt - Das Spiel 21: Die Wahl

  • Autorenbild: claudia_roman
    claudia_roman
  • 1. Apr. 2021
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 9. Aug. 2023

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Wenn du das Spiel noch nicht begonnen hast, lasse dich vom Button zum


des Spiels geleiten.

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Bild von weareaway auf Pixabay


„Ist Ihnen nicht gut?“

Die Frage des Professors holt dich aus dem Nichts. Das Klingeln des Telefons hallte noch in deinen Ohren und du bemerkst, wie das Blatt in deiner Hand schlottert. Du versuchst, die Spannung aus deinen Muskeln zu vertreiben, doch das gelingt dir nicht.

Du hast nur eine vage Vorstellung davon, wie stark deine innere Verwirrung von außen sichtbar ist. Doch es reicht aus, um eine Sorgenfalte auf der Stirn des Gelehrten erscheinen zu lassen.

„Was?“, hauchst du.

„Sie sind ganz blass. Sind Sie schon in meine Geschichte eingetaucht? Ist ihnen ein Monster begegnet? Oder haben Sie mich getroffen und sind entsetzt über meinen verwahrlostes Auftreten. Ich scheine öfters meine Körperpflege zu vernachlässigen, wenn ich mich allzu konzentriert einer Sache widme.“

Du starrst ihn an, bis dir Augen brennen und es gelingt dir mit fast übermenschlicher Kraft, deinen Mund zu schließen.

Seine Stimme ist gedämpft und scheint aus einer anderen Dimension zu kommen.

„Was zum Geier war in dem Kaffee?“, fragst du und bemerkst, wie die Falte auf der Stirn des Professors tiefer wird. Im Grunde erscheint dir sein gesamtes Gesicht von dieser Falte verschluckt zu werden. Mehr noch, sie bemächtigt sich des ganzen Zimmers. Die leeren Regale, der dampfenden Kaffee, das Licht, dass sich durch das Fenster an dem Professor vorbei auf den Schreibtisch quält, der Boden, die Wände, alles das wird vom Zeichen des Widerspruchs auf der Stirn des Gelehrten überdeckt. Du spürst einen Schweißtropfen, der sich von deiner Schläfe löst und deinem Hals entgegenperlt.

„Ach, ich bitte Sie!“ Der Professor klingt gereizt. „Was soll denn im Kaffee sein, außer Instantpulver? Davon abgesehen haben Sie noch keinen Schluck getrunken. Jetzt lösen Sie sich von solch irreführenden Spekulationen und erzählen Sie mir, was Sie gesehen haben.“

„Nichts!“, antwortest du wahrheitsgemäß.

„Selbstverständlich, weil ich ihrem Gehirn noch nichts gegeben habe, mit dem es arbeiten kann. Die Welten, die sie gleich durchreisen müssen, entstehen durch ihre Vorstellungskraft.“

Er plaudert diesen grotesken Unfug heraus, als schwadronierte er übers Wetter und du hast keine Ahnung, was dich in diesem Zimmer hält. Deine innere Stimme fordert dich auf, die Blättersammlung auf deinem Schoß zurück auf den Stapel zu legen, dich für den Kaffee zu bedanken und zu gehen. Doch nicht, bevor du eine Sache klargestellt hast:


„Was für Welten MUSS ich durchreisen? Ich muss gar nichts!“


„Natürlich nicht!“ Du meinst ein Zucken um die Mundwinkel des Professors.


„Ich kann jetzt auch sofort aufstehen und gehen.“


„Natürlich!“, sagt der Professor. Du spürst die Ernsthaftigkeit in seiner Aussage und bemerkst, dass sie dich ärgert. „War etwas in dem Nichts?“, fragt er.


„Ein Telefon!“

Der Güldendorf stöhnte auf und verdrehte die Augen. „Du liebe Güte. Jetzt sagen Sie nicht, es hat geklingelt?“


„Doch hat es. Wieso verwundert Sie das?“


„Es verwundert mich nicht, es ist nur ein grausam klischeebehaftetes Bild. Und? Sind Sie rangegangen?“


„Sagen Sie mal, wird das hier ein Verhör?“


„Quatsch. Ich bin nur neugierig. Wissen Sie was? Ich werde Ihnen nun in Kürze erklären, wie das Spiel hier funktioniert und Sie entscheiden, ob Sie damit beginnen wollen oder nicht.“

Er wartet keine Regung von dir ab und beginnt unverzüglich: „Es sind keine normalen Bücher, die durch unseren Zusammenstoß durcheinander geraten sind. Das sollte Ihnen schon aufgefallen sein. Vielmehr lässt die Phantasie des Lesers die Dimension, die sie beschreiben, erst entstehen. Die Bücher beschreiben jeweils voneinander unabhängige Welten, die im Grunde wenig miteinander gemein haben, außer dass sie in dieser, unserer Dimension in Papierform nebeneinander existieren. Soweit klar?“

„Nun, klar ist etwas anderes, aber ich meine zu verstehen: In diesen beiden Zettelsammlungen...“

„...Werken...“

„...diesen beiden Werken existieren also die Welten, die in ihnen beschrieben werden wirklich. So echt wie wir uns beide hier in diesem Raum gegenübersitzen.“

„Das ist korrekt. Das eine Buch handelt von der Zwischenwelt und das andere beschreibt die Sagen der alten Völker. Es sind zwei völlig unterschiedliche Welten, die nicht miteinander vermischt werden sollten. Und dass ich mich durch die Seite, die sich in ihrer Tasche befand, an sie gewandt habe, scheint den Umstand zu belegen, dass ich mich in einem dieser Bücher befinde und in Schwierigkeiten bin.“

Deine Augen verengen sich zu Schlitzen. Der Professor deuten deinen Gesichtsausdruck richtig: „Nein, nein, natürlich bin ich dort nicht die Person, die Ihnen gegenübersitzt. Es ist vielmehr ein Teil meiner Persönlichkeit, die sich als Figur in diesen Werken befindet. Stellen Sie sich vor, jemand schreibt eine Geschichte, in der Sie der Held sind. Der Autor oder die Autorin hat also Teile ihrer Persönlichkeit für seiner Arbeit verwendet. Sie sind demnach die handelnde Person in der Geschichte und gleichzeitig der Leser, der von außen auf die Story blickt. Vielleicht ist es vergleichbar mit ihrem Spiegelbild. Sie sind das, was der Spiegel abbildet und sind es gleichzeitig nicht. Ich habe mich in die Handlungen hineinschreiben lassen, um die Zusammenhänge zwischen den Welten zu erforschen. Ich bin Dimensiologe“

Dimensiologie, von so einem Studiengang hast du noch nie gehört.

„Es sind sozusagen Feldforschungen, die ich zum Teil als Akteur und zum anderen als unwissender Benutzer von Sekundärliteratur betreibe.“ Er winkt ab, als verscheuche er eine Fliege. „Aber das soll uns nicht weiter bekümmern. Das was uns in dieser Situation dringlicher erscheinen sollte, ist die Frage, in welcher der Welten sich die Figur des Professors befindet und was sein Problem ist. Ich habe schon eine Theorie. Ich halte es für möglich, dass aus den negativen Elementen der beiden Welten eine Bedrohung erwuchs, die der Professor in den Büchern nicht mehr bewältigen kann und dafür ihre Hilfe benötigt. Da ich davon ausgehe, dass sie sich auf dieses Abenteuer einlassen werden, müssen Sie sich nun entscheiden, welchen der Stapel Sie zuerst wählen wollen, um ihre Reise anzutreten.“

„Woher wissen Sie, dass ich die Reise überhaupt antreten will? Sie haben mir doch vorhin noch die Wahlfreiheit gelassen.“

Dir behagt das wissende Lächeln des Professors überhaupt nicht.

„Seien wir ehrlich“, beginnt er. „Wenn wir der Dramaturgie der Heldenreise folgen, haben wir schon ein gutes Stück des Weges zurück gelegt. Sie haben ihren Aufruf ins Abenteuer bereits erhalten. Es war die Figur in meiner Gestalt, die Ihnen als Herold begegnet ist. Sie haben sich zunächst den Ruf verweigert und sind dann auf Ihren Mentor gestoßen, der Sie von der Wichtigkeit des Projekts überzeugt. Der bin natürlich ich. Es führt demnach kein Weg daran vorbei, dass sie über die Schwelle treten und sich der Aufgabe stellen. Jede weitere Weigerung zögert die unumgängliche Entscheidung nur unnötig heraus und, geben Sie es zu, es fängt an, Sie zu langweilen. Und seien Sie gewiss, Sie sind nicht die einzige Person, die sich dadurch gelangweilt fühlt.“ Er zwinkert dir verschwörerisch zu. „Nun denn, welchen Stapel hätten Sie gerne?“


Sie haben den linken oder den rechten Blätterhaufen zur Auswahl.



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