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Figureninterview mit Lars und nem ollen Griechen

  • Autorenbild: claudia_roman
    claudia_roman
  • 22. Mai 2020
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 25. Feb. 2021

These der Woche: Die Lügenpresse ist besser als Sex.

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Bild von David Mark auf Pixabay



Autorin: Hallo Lars.


Lars: Hallo Autorin. Ich bin froh, dass Sie mir heute gegenübersitzen und kein Kinder fressender Außerirdischer. Worum soll es heute gehen?


A: Um die Lügenpresse,...


L: Oh, nein!


A: ...die besser als Sex ist.


L: Oh nein!


A: Und Sie dürfen sich einen Philosophen aussuchen, den Sie damit in Verbindung bringen.


L: Mit der Lügenpresse oder mit Sex?


A: Wie Sie möchten.


L: Dann nehme ich Kierkegaard.


A: Nein, Aristoteles oder Platon?


L: Und warum nur die?


A: Weil das auf dem Zettel stand.


L: Sehr geheimnisvoll. Dann nehme ich Platon.


A: Ah, wegen der platonischen Ansicht, von Liebe als Weg zu Selbsterkenntnis?


L: Nein, wegen des Höhlengleichnisses.


A: Okay. Jetzt bin ich gespannt, wie das mit Sex in Verbindung steht.


L: Ich weiß noch nicht, ob ich das körperliche Begehren da hineinflechten kann. Es geht mir mehr um diesen unsäglichen Begriff der Lügenpresse. Sie wissen ja, ich bin Journalist. Zwar tangiere ich als Kulturjournalist das politische Geschehen nur hier und da, aber ich unterliege dem gleichen Berufsethos. Es tut mir in der Seele weh, wie diese Bezeichnung dafür benutzt wird, um Stimmung gegen eine freie Berichterstattung zu machen, die das genaue Gegenteil im Sinn hat. Dass die Leute, die von Falschmeldungen und Manipulation der Mainstreammedien schwafeln, das Wissen aus Quellen haben, denen man genau das vorwerfen kann, ist absurd.


A: Und wir bekommen wir das jetzt mit dem Höhlengleichnis verbunden? Vielleicht sollten wir diese Geschichte erst einmal erzählen:


L: Gerne. Es ist ein Gedankenexperiment des alten Griechen. Er stellte sich eine Reihe Menschen vor, die in einer tiefen Höhle angekettet gegen eine Wand starren. Sie wissen nichts von dem Eingang hinter ihnen und auch nicht von dem Feuer, dass die Schatten von Gegenständen an die Höhlenwand projiziert. Diese Menschen haben noch nie ihr Gefängnis verlassen und halten diese Schatten für die Realität.

Platons Überlegungen gingen dann von einer Person aus, die sich von den Ketten befreit und den Ausgang passiert, um zum ersten Mal die wahre Welt zu schauen. Platon war der Ansicht, dass, sollte dieser Mensch den Weg zurück in die Höhle wagen, um seine Leidensgenossen zu befreien, mit großer Wahrscheinlichkeit nicht als Erlöser und Verkünder der Wahrheit angesehen wird, sondern der Lüge bezichtigt, angefeindet oder sogar getötet werden könnte.


A: Soweit ich darüber informiert bin, versuchte Platon anhand dieser Geschichte, seine Ideenlehre einzuführen, also die perfekte Welt, die lediglich ihre Schatten in die Höhle wirft. Das was der Journalismus berichtet, hat ja nichts mit dieser Ideenwelt zu tun.


L: Es hat was mit der Wahrheitsfindung zu tun. Es ist schon erstaunlich. Wir leben in diesem Land in einer freiheitlich-rechtlichen und auf Pluralität ausgerichteten Gesellschaftsordnung. Diese Pluralität ist uns sogar verfassungsrechtlich garantiert und ich habe nicht das Gefühl, dass wir damit allzu große Probleme haben. Da gibt es Staaten auf diesem Planeten, da sieht es um die Pressefreiheit und die freie Meinungsäußerung alles andere als rosig aus. Es gibt auch Staaten, die sich freiheitliche Rechte auf ihre Fahnen schreiben und die es dennoch einem ausgewogenen Journalismus ausgesprochen schwer machen. Das alles ist bei uns nicht der Fall. Niemand zwingt unsere Mitbürger gegen eine Höhlenwand zu starren. Und die öffentlich-rechtlichen Medien bieten ein breites Spektrum an Meinungen.

Ich bin jetzt mal bösartig: Die Leidenschaft, mit der einige Menschen daran festhalten, dass die Schatten die sie sehen, die Realität darstellen, weil die Zusammenhänge für sie eine unerträgliche Komplexität darstellen, wirken auf mich beinahe wie ein Fetisch.


A: Jetzt könnte man natürlich sagen, dass diese Leute der Meinung sind, sie hätten den Ausgang der Höhle gefunden und wir seien es, die immer noch angekettet gegen die Wand starren.


L: Das denken sie nur. Der wahren Welt können wir uns lediglich durch eine pluralistische Herangehensweise und viel Mathematik nähern. Wenn ich das aber nicht sehen will, dann habe ich nicht die wirkliche Welt erkannt, dann träume ich nur.

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