Figureninterview mit Fredrick über die Schule in der Kugelwelt
- claudia_roman

- 28. Okt. 2022
- 4 Min. Lesezeit

Autorin: Hallo Fredrick, es freut mich sehr, dass du Zeit für uns gefunden hast. Umso mehr, da es sich bestimmt nicht um dein Lieblingsthema handelt.
Fredrick: Geht so.
Autorin: Ich habe gehört, dass das Schulsystem in deiner Stadt sich nicht so sehr von dem in Deutschland unterscheidet.
Collage aus den Bildern von Wokandapix und StockSnap auf Pixabay
Fredrick: Ich hab keine Ahnung was ein Deutschland sein soll. Ist das eine Stadt?
Autorin: So etwas ähnliches. Etwas größer und mit ein paar Leuten mehr. Vielleicht könnte man das mit einem Cluster in der Kugelwelt vergleichen, also einer Häufung von Städten in einem Bereich der Außenwelt, nur, dass die Städte dichter beieinanderstehen und enger verknüpft sind. In Deutschland jedenfalls, gibt es Gesetze, die bestimmen, dass jedes Kind, das ein gewisses Alter hat in die Schule gehen muss.
Fredrick: Sind Gesetze so etwas, wie ZC-Regeln? Dann ist das bei uns auch so.
Autorin: ZC-Regeln? Das sind Anweisungen, die euch der Zentralcomputer gibt?
Fredrick: Genau, der Computer berechnet Probleme und bestimmt, was gerade wichtig ist in der Stadt und gibt dann Regeln heraus, um diese Probleme zu lösen. Einige Regeln gibt es schon so lange, dass keiner mehr daran denkt, dass es nur eine Anweisung vom ZC ist. Dass Kinder in einen Bereich außerhalb ihres Wohnblocks gehen, um wichtige Dinge zu lernen, zum Beispiel ist eine dieser Dinge. Diese Anweisung gibt es schon so lange, dass man es sich gar nicht anders vorstellen kann.
Ich weiß auch gar nicht, ob es tatsächlich schon einmal anders war.
Autorin: Nun ja, bei uns hat sich das Schulsystem im Laufe der Geschichte entwickelt. Es ist auch ziemlich kompliziert, da wir unterschiedliche Schularten haben. Wir haben eine Schule in der zunächst alle Kinder gemeinsam Lesen, Schreiben und Rechnen lernen. Das ist die Grundschule. Später werden die Schüler und Schülerinnen dann auf unterschiedliche Schulformen verteilt. Sie unterscheiden sich darin, was gelernt wird und wie schnell der Lernstoff durchgenommen werden soll. Und für jede dieser Schulformen gibt es Abschlüsse, die dann auch Auswirkungen auf die Berufswahl haben. Habt ihr auch so eine Einteilung?
Fredrick: Ich weiß nicht, ob ich das richtig verstanden habe. Das mit der Grundschule ist ja klar, aber was passiert dann? Wird dann herausgewürfelt, wer in welche Schule kommt oder sagt das der Zentralcomputer oder die Lehrer?
Autorin: Ich hab ja gesagt, es ist kompliziert. Es wird in erster Linie von den Noten bestimmt. Je besser die Noten und je länger man diese guten Noten über die Zeit erreicht, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass du auf einer Schulform landest, in der du eine bessere Bildung erhältst und dann auch den Zugang zu einer besseren Ausbildung, einem besseren Beruf und somit eine bessere Bezahlung bekommst.
Fredrick: Was meinen Sie denn mit Noten und was ist Bezahlung?
Autorin: Ach, herje! Ich vergesse immer, dass eure Gesellschaft ja anders funktioniert. Bei euch gibt es ja keine Tauschmittel in Form von Münzen oder bedrucktem Papier.
Fredrick: Tauschmittel? Münzen? Bedrucktes Papier? Keine Ahnung, aber das alles klingt ziemlich albern bei euch. Ich weiß auch nicht, warum man sich wegen bedrucktem Papier in der Schule anstrengen soll.
Autorin: Das hat alles natürlich einen Grund. Aber es dauert zu lange dir das jetzt alles zu erklären. Interessanter ist, wie das Schulsystem bei euch funktioniert.
Fredrick: Also, bei uns gehst du in den Kindergarten und wenn der Zentralcomputer meint, deine Gehirnentwicklung ist für die Schule bereit, kommst du halt in die erste Klasse. Bei meiner Schwester dauerte das etwas länger, bei mir war aber genau, wie bei den meisten anderen Kindern. In den ersten fünf Klassen gibt es für alle Fächer einen Lehrer. Uns wurde gesagt, das ist deshalb, weil kleine Kinder noch eine menschliche Bezugsperson brauchen. Später sind es nur noch in einige Fächern in denen Menschen uns etwas beibringen. Das ist in erster Linie Kunst, freies Schreiben, Nähen, Sport, Gartenbau und so. Kram halt, der - wie war das noch? – mit Gefühlen und Geschmack zu tun hat. In den meisten Fächern aber, in der es um Technik, Rechnen und Messen geht, sitzen wir einfach vor einem Computer, der uns die Aufgaben aufgibt. Da ist zwar auch ein Lehrer vor Ort, aber der passt eigentlich nur auf, dass niemand Dummheiten macht.
Autorin: Und wie sieht das räumlich aus? Ich meine, seid ihr nach der fünften Klasse immer noch mit den Schulanfängern im selben Gebäude. Bei uns bedeutet ein Schulformwechsel in der Regel auch einen anderen Ort, zu dem man dann gehen muss.
Fredrick: Unsere Schule ist in der unteren Wohnebene an den Rand gebaut. Dort wo die Behörden, Kunstausstellungen, Bibliotheken und andere allgemeinen Bauten sind. Das sind Hochhäuser, die wie unsere Wohnblocks an die Decke der Ebene stoßen. Sie sind also riesig. Wir haben halt ein Schulgebäude für alle Schüler. Ganz unten ist der Kindergarten und dann geht es halt nach oben hin weiter. Also die erste Klasse ist im ersten Stockwerk, die Zweite im Zweiten, die Dritte im Dritten und so geht das weiter, bis ins zehnte Stockwerk. Ab der zehnten Klasse gibt es keine Klassen mehr, sondern nur noch Kurse. Der Zentralcomputer wertet dann die Leistungen deiner gesamten Schulzeit aus und du erfährst, was du arbeiten sollst. Du bekommst dann einen Eintrag in deinen Ausweis und dann gehst du halt zu deiner Arbeitsstelle, die dir zugewiesen wird.
Autorin: Aber was machst du, wenn der Zentralcomputer, dir eine Arbeitsstelle zuweist, die du gar nicht machen möchtest.
Fredrick: Ich verstehe die Frage nicht.
Autorin: Na, wenn du irgendetwas mit Autos machen möchtest, aber der Zentralcomputer meint, du musst in einem Büro Akten sortieren.
Fredrick: Ich verstehe die Frage immer noch nicht. Der ZC hat doch schon herausgefunden, was der Schüler gut kannst und was gerne macht und dann schaut er, wo jemand gebraucht wird und dann gehst du da halt hin.
Autorin: Und wenn der ZC einen Fehler macht?
Fredrick: Der ZC macht keine Fehler!






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