Figureninterview - Mit Claudia im Wald der Zwischenwelt
- claudia_roman

- 22. Okt. 2021
- 3 Min. Lesezeit
These der Woche: Verantwortung ist heutzutage unterstes Niveau

Collage: danielkirsch und anonym auf Pixabay
Autorin: Hallo Claudia!
Claudia: Moin! Wo befinden wir uns denn hier?
Autorin: Wieder im Wald.
Claudia: Wieso wieder?
Autorin: Ich war letzte Woche schon hier. Also nicht hier direkt, aber in einem Wald.
Claudia: Und das zu einer gewöhnungsbedürftigen Zeit. Es scheint später Abend zu sein. Der Himmel hinter uns zeigt noch ein rotes Restleuchten und vor uns erleuchtet ein recht imposanter Halbmond den Weg. Aber irgendetwas stimmt nicht.
Autorin: Was meinst du?
Claudia: Ich kann es nicht erklären, aber ich habe das Gefühl, wir sind nicht in einem normalen Wald. Es gibt überhaupt keine Geräusche und außerdem riecht es hier nicht nach Holz, Erde oder Laub. Es riecht nach gar nichts. Es fühlt sich auch eigenartig an. So als sei es kein echter Ort, sondern eine Szene, die in einem Traum stattfindet.
Autorin: Wir sind in dem Wald in der Zwischenwelt. Du musst ihn doch kennen. Schließlich hast du ihn erschaffen.
Claudia: Das ist richtig. Ich brauchte einen Ort, an dem ich mich ungestört mit meinen Figuren treffen konnte, nachdem mir das spezielle Missgeschick passiert ist.
Autorin: Ich denke nicht, dass wir uns über dieses Missgeschick auslassen sollten.
Claudia: Das sehe ich genauso.
Autorin: Wir sollten uns lieber über die These der Woche unterhalten, in der es um Verantwortung geht.
Claudia: Oha!
Autorin: Die heutzutage unterstes Niveau sein soll.
Claudia: Aber das macht gar keinen Sinn.
Autorin: Nein?
Claudia: Ich verstehe nicht, was damit gemeint sein soll. Hat Verantwortung überhaupt ein Niveau, also eine Bewertungsskala?
Autorin: Ich habe recherchiert und tatsächlich das Wort Verantwortungsniveau gefunden. Und wenn man genauer darüber nachdenkt, ist die Verantwortung, die man gegenüber einer Horde wildgewordener Kinder mit speziellen Bedürfnissen hat, eine andere, als wenn man ein Buch über eine Horde wildgewordener Kinder mit speziellen Bedürfnissen schreibt. Ich finde schon, dass man da wertend unterscheiden kann.
Claudia: Lass mich einmal überlegen, denn ich bin mir in diesem Punkt nicht wirklich sicher. Stell dir vor, dass die ausgedachte Welt der Geschichte für die ausgedachten Kinder mit speziellen Bedürfnissen für sie so real ist, wie für uns dieser Wald.
Autorin: Der Wald ist nicht real.
Claudia: Dann stellen wir uns vor, er wäre es. Dann wäre die Verantwortung, die ich als Autorin für meine ausgedachten Kinder habe, doch von einem ähnlichen Verantwortungsniveau wie die in der realen Welt.
Autorin: Nein
Claudia: Und wieso nicht?
Autorin: Weil die physikalischen Verbindungen in der realen Welt viel komplexer sind, als in einer ausgedachten Geschichte. Wenn du in der Realität nicht aufpasst und eines der Kinder wird von einem Auto erfasst, weil es hinter einem Ball herläuft, sind die Konsequenzen wesentlich massiver als in einer Geschichte. Das Kind kommt real zu Schaden, es hat reale Schmerzen und, je nach der Schwere des Unfalls, ist es vielleicht sogar das Ende seiner Existenz. Dazu kommt noch das, was dieser Unfall im Weiteren verursacht. Die Auswirkungen auf die Freunde, auf die Eltern des Kindes und auch die Konsequenzen, die du durch dieses Ereignis zu tragen hast. Und du hast keinen Einfluss darauf.
Die Kinder in deiner Geschichte müssen nur darunter leiden, wenn du es willst. Du kannst sogar das Buch komplett umschreiben und eine andere „Realität“ für deine Figuren entwerfen. Und die Ereignisse, die du entwirfst, haben keine weiteren Konsequenzen in deinem Leben.
Claudia: Bist du dir da sicher, was die Konsequenzen angeht?
Autorin: Du könntest Erfolg mit deiner Schreiberei haben, das ist richtig. Aber der Erfolg deines Romanes hat nichts mit dem zu tun, was in deinem Buch passiert.
Claudia: Und genau davon bin ich nicht überzeugt.
Autorin: Sei mal still. Hast du es auch rascheln gehört?
Claudia: Wirklich! Da ist was!
Autorin: Da rollt ein Ball auf uns zu.
Das ist ja unheimlich.






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