Figureninterview mit Carla und Lena vor der Kuppelstadt
- claudia_roman

- 1. Okt. 2021
- 3 Min. Lesezeit
These der Woche: Emanzipation ist streng genommen eine Frage des Anstands

Collage aus den Bildern von Delilan Van und dzako83 auf Pixabay
Autorin: Hallo, ihr beiden.
Lena: Hallo! Wollen wir uns nicht lieber wo anders treffen? Wir dürfen nicht in der Außenwelt sein.
Carla: Du bist so ein Schisser, Lena! Immer wenn es spannend wird, fängst du an zu heulen.
Lena: Ich heul ja wohl überhaupt nicht. Ich frage nur, ob wir uns nicht lieber irgendwo treffen wollen, wo es nicht so gefährlich ist.
Carla: Und wie du heulst! Du findest es ja schon im Fahrstuhl gefährlich.
Lena: Ich finde es nicht im Fahrstuhl gefährlich, sondern nur unheimlich. Der Fahrstuhl fährt außen an der Kuppel entlang und man kann von dort in die Außenwelt schauen und die ist sehr wohl unheimlich!
Du brauchst gar nicht die Augen verdrehen, Carla!
Autorin: Ich verspreche euch, es wird nichts passieren. Nachdem wir uns unterhalten haben, werdet ihr wieder nach Hause gehen können, ohne von Monstern gefressen, in einem See ertrunken oder von einem Berg gefallen zu sein.
Carla: Du solltest nichts versprechen, was du nicht halten kannst!
Lena: Mann, Carla! Die Autorin versucht doch nur, uns zu beruhigen.
Autorin: Ich brauche euch nicht zu beruhigen. Es wird nichts passieren, Punkt! Wir stehenpraktisch im Stabilitätsbereich der Kuppel, hier wird sich nichts verändern. Überhaupt, ist der Ausblick auf eure Heimat nicht atemberaubend.
Carla: Ich finde die nicht atemberaubend. Sie sieht von außen genauso langweilig aus wie von innen.
Lena: Worüber wollen wir uns denn unterhalten?
Autorin: Wisst ihr, was Emanzipation bedeutet?
Carla: Klar! Das ist doch diese Pflanze, die sich durch deine Schuhe frist und dich von innen aushöhlt.
Lena: Quatsch! Die heißt doch Epazimanze.
Autorin: Von der habe ich noch nie etwas gehört.
Carla: Das glaube ich. Ich habe sie mir auch gerade ausgedacht.
Lena: Epazimanzen gibt es wirklich.
Carla: Klar, in deinem Kopf. Dort hat sie dich schon ausgehöhlt.
Autorin: Um auf das Thema zurückzukommen: Emanzipation bezeichnet kein Ding, das man anfassen kann, sondern umschreibt die Überwindung einer Ungerechtigkeit. Es ist aber nicht die Ungerechtigkeit gemeint, die ihr empfindet, wenn eure Lehrerin oder euer Lehrer in der Schule mit euch schimpft. Vielmehr ist es eine Ungerechtigkeit, die so verpackt ist, dass alle man sie kaum noch als ungerecht empfinden. Also, wenn man zum Beispiel Leute nicht mehr eine gute Arbeit machen lässt, weil sie braune Haare haben.
Lena: Warum soll man das denn machen? Das ist doch total blödsinnig.
Autorin: Vielleicht, weil die Menschen mit roten, blonden oder schwarzen Haaren irgendwann zu dem Schluss gekommen sind, dass sich einige Menschen mit braunen Haaren bei diesen Arbeiten dusselig angestellt hatten und darauf geschlossen haben, dass es an der Haarfarbe liegt. Vielleicht leben die Braunhaarigen auch auf einer Insel und waren ein anderes Leben gewohnt, als die anderen Menschen und wirken auf sie fremd und bedrohlich und man wollte sie darum nicht dabei haben. Die Gründe sind vielfältig und liegen meist tief in der Vergangenheit, weshalb man diese Ungleichbehandlungen nicht mehr als ungerecht empfindet. Jedenfalls hat es etwas mit einer Gruppe zu tun, die ausgrenzt und einer Gruppe die ausgegrenzt ist und wenn sich dieausgegrenzte Gruppe nicht mehr ausgrenzen lassen will, muss sie sich gegen die andere Gruppe emanzipieren.
In meiner Welt wird dieser Begriff besonders benutzt, wenn es um Frauenrechte geht.
Carla: Wieso Frauenrechte? Ich verstehe gar nichts mehr.
Autorin: Bei uns sind es die Frauen, die sich gute Arbeit und viele andere Dinge gegen die Männer erkämpfen mussten.
Lena: Das klingt echt seltsam. Es sind doch gar nicht alle Frauen braunhaarig. Wir zum Beispiel sind blond.
Carla: Das klingt nicht nur seltsam, das klingt komplett bescheuert.
Autorin: Es hat nichts mit der Haarfarbe zu tun. Das war nur ein Beispiel. Es geht wirklich nur ums Frausein, das ausreicht, um nicht bei allen Spielen mitzumachen. Das finden auch die meisten Menschen in meiner Welt total bescheuert und bei vielen Völkern hat es sich auch schon gebessert. Aber längst nicht in allen Gebieten und längst nicht in allen Bereichen. Es ist halt schon lange so.
Lena: Wenn ich ehrlich sein soll: Ich finde die Kugelwelt zum Leben nicht gerade toll, aber eure Welt schein ja noch viel schlimmer zu sein.
Autorin: Wie man es nimmt. Es gibt auch schöne Ecken dort und jede Menge Hoffnung.
Ich denke, das reicht für heute. Habt ihr noch einen Musikwunsch?
Carla: So ein richtiges Interview war das ja nicht. Ich hab kaum was gesagt.
Aber ich wünsche mir von Signal to Noise „Vacant Lot“.
Lena: Du hast die ganze Zeit geredet, Carla! Und ich wollte ein anderes Lied!
Autorin: Dann bist du das nächste Mal dran, Lena! Versprochen!






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