Figureninterview - Margarethe auf der Enterprise
- claudia_roman

- 13. März 2020
- 4 Min. Lesezeit
Ist Gerechtigkeit tatsächlich alles was wir haben?

Bild von Falco auf Pixabay
Autorin: Hallo Margarethe, ich heiße Sie in diesem außergewöhnlichen Setting willkommen.
Margarethe: Ich begrüße auch Sie. In der Tat, die Aussicht ist umwerfend.
Autorin: Mögen Sie kurz beschreiben, wo wir uns gerade befinden?
Margarethe: Nun, ich bin nicht wirklich ein Trekki, aber es könnte die Brücke der Enterprise sein. Ich denke, ich habe mich im Sessel des Captains niedergelassen und sie sitzen neben mir auf dem Platz des ersten Offiziers. Bin ich da auf dem richtigen Weg?
Autorin: Das haben Sie ganz genau erkannt. Wir befinden uns auf der Kommandobrücke der USS Enterprise NNC-1701 D, das Schiff von Captain Picard, und schauen über die beiden Steuerungsplätze auf den Hauptbildschirm. Gerade zeigt er uns einen intergalaktischen Nebel. Ich habe ihn schon einmal auf einen Foto gesehen, aber mir ist seine Bezeichnung entfallen.
Margarethe: Ich kenne dieses Objekt leider auch nicht. Seine Farbzusammenstellung ist jedoch umwerfend. Diese Rottöne, die sich an seinen Rändern ins Bläuliche verschieben, bis sie sich in der absoluten Dunkelheit verlieren, diese Figuren, die von schwarzen Nebelwolken gebildet werden und sich gegen den leuchtenden Hintergrund abheben, das alles ist sehr inspirierend. Aber sagen sie mal...
Autorin: Ja?
Margarethe: Wo ist denn die Besatzung?
Autorin: Eine Interaktion mit anderen Figuren habe ich nicht in das Interview eingeplant. Ich befürchte, es könnte das Gespräch aufblähen, verkomplizieren und von der These der Woche ablenken.
Margarethe: Spielt in der Serie Gerechtigkeit keine Rolle?
Autorin: Doch! Es spielen alle großen, philosophischen und viele gesellschaftliche Fragen eine Rolle. Es ist allerdings interessant, dass Gene Roddenberry, also der Autor der Serie, die Föderation als ein System entworfen hatte, in dem Gerechtigkeit als eine seiner Grundpfeiler vorausgesetzt wird. Wie es die Menschheit in diesen Zustand geschafft hat, bleibt unbenannt.
Margarethe: Das ist aber auch eine schwierige Frage! Gerechtigkeit ist ja mehr, als das, was durch eine egalitäre Gesellschaftsform oder einen funktionierenden Rechtsstaat transportiert werden kann. Wenn man sich beispielsweise die Geschichte des Wahlrechtes anschaut. Natürlich ist es ungerecht, wenn mündigen Frauen der Gang zur Wahlurne verwehrt bleibt, aber was ist mit Kindern? Warum dürfen sie nicht mit entscheiden, welchen politischen Weg ihr Land gehen soll?
Autorin: Der Gedanke dahinter ist, dass Kinder, die durch ihre kognitive Entwicklung noch nicht in der Lage sind, die Folgen ihrer Entscheidungen abzuschätzen. Außerdem sind sie leichter beeinflussbar. Man möchte auf diesen Weg verhindern, dass die Kinder von Entscheidungen überfordert werden oder sogar die Demokratie in ernste Gefahr gerät.
Autorin. Das wird so mit Sicherheit sein, aber ich kann in diesem Augenblick kein Beispiel nennen. Unter dem Strich kann man aber sehr deutlich den Tenor vernehmen, dass das Wohl der größeren Gruppe eine dominantere Stelle einnimmt. Nur so lässt sich auch eine zahlungsmittelunabhängige Gesellschaft denken. Das, was gesellschaftliche Unterschiede und damit auch Unterschiede in der gerechten Verteilung von Gütern generiert, wurde durch die Technologie abgeschafft. Nahrung, Bildung und Konsum ist für jeden uneingeschränkt möglich. Es gibt ein streng hierarchisches System, dass seine Aufstiegsmöglichkeit für alle gleichermaßen öffnet und das auch von allen genutzt werden kann, da die Grundversorgungen nun für alle zugänglich sind. Die Werte sind ohne Ablenkung durch soziale Spannungen auf die kulturelle und wissenschaftliche Entwicklung ausgerichtet. Alles dient dazu, die Menschheit voranzubringen.
Margarethe: Die gerechte Verteilung finde ich einen wichtigen und interessanten Punkt. Viel von dem, was wir heutzutage als Ungerechtigkeit empfinden, hat damit zu tun. Wenn man die These des Tages unter diesem Aspekt betrachtet ist es tatsächlich, vielleicht nicht alles, was wir haben, – das wäre mehr als traurig – aber dennoch ein wichtiger Beitrag, wenn es um unser Überleben als Spezies gehen soll. Wenn wir unsere Lebensgrundlage erhalten wollen, müssen wir sofort und schmerzhaft umlenken und die Kräfte, die sich dem entgegenstellen, sind nicht selten die Profiteure dieser ungerechten Verteilung. Leider umschließt es nicht die ganze Problematik. Ich denke, in vielen Bereichen ist Gerechtigkeit nicht mehr als ein, von Menschen entworfenes Konstrukt.
Autorin: Wie meinen Sie das?
Margarethe: Ich war für die Tötung meines Kindes lange Jahre in einer psychiatrischen Anstalt. Bei mir wurde also eine Schuldminderung aufgrund meines Geisteszustandes erkannt. Aber was ist zum Beispiel mit den Opfern von unserer Lieblingspsychopathin Loretta? Sollte man Loretta irgendwann zur Rechenschaft ziehen, bekommt sie dann wirklich ihre gerechte Strafe? Was bedeutet Gerechtigkeit vor dem sinnlosen Tod unschuldiger Menschen? Das sind schwierige, wenn nicht sogar die schwierigsten Fragen vor diesem Begriff und deshalb, kann Gerechtigkeit auch nicht alles sein, was wir haben. Wir brauchen noch viel mehr. Vernunft, Weitsicht und Empathie, zum Beispiel.
Autorin: Margarethe, vielen Dank für das Gespräch.
Das Bildchen, dass sie dabei gezeichnet haben, darf ich das verwenden?
Margarethe: Aber sicher. Was halten Sie von einen kleinen Ausflug.
Autorin: Ich denke, das wird nicht möglich sein.
...
Computer?
...
Simulation beenden!






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