Figureninterview – Fahrradtour mit Cecilia
- claudia_roman

- 30. Okt. 2020
- 3 Min. Lesezeit
These der Woche: Moral ist rückblickend alles, was wir haben.

Bild von Mabel Amber auf Pixabay
Autorin: Hallo Cecilia! Schön, dass du deinen Fahrradhelm dabei hast.
Cedilia: Ich habe überhaupt keine Lust!
A: Ach, komm! Das wird lustig.
C: Aber es regnet!
A: Ich habe einen Weg entdeckt, den kenn ich noch nicht. Ich wollte den erkunden und schauen, wo man da raus kommt.
C: Aber wenn es regnet, werde ich nass!
A: Du hast doch einen Regenponcho mit.
C: Der stinkt!
A: Ach, der Geruch wird vom Fahrtwind weggepustet.
C: Das ist voll gelogen! Ich hab den schon ganz lange. Das Einzige was weggepustet wird, ist die Kapuze.
A: Dann binde sie doch fest. Du hast doch dort die Schnüre am Kragen.
C: Aber dann sehe ich nichts.
A: Ich mache dir einen Vorschlag: Wir fahren einfach los und wenn es nach zehn Minuten immer noch schlimm für dich ist, dann drehen wir um. Ich habe mich so auf die Radtour mit dir gefreut. Ich habe ein ganz tolles Thema. Und wenn wir wieder zurück sind warten Kakao und Kekse auf uns.
C: Was für ein tolles Thema? Ferien oder Musik? Das neue Album der Backsheets Boys?
A: „Backstreet“... Haben die ein neues Album?
C :Die, wo das mit dem „Evribaaaaaadiiiie“ drauf ist.
A: Die ist doch nicht neu, die ist aus den Neunzigern ... Ach, ich habe vergessen, dass du ja schon so lange tot bist.
C: Macht nichts. Kann mal passieren. Also, was hast du für ein Thema?
A: Ich wollte mit dir über Moral sprechen.
C: Was ist das denn?
A: „Moralisch“ handelt jemand, wenn er sich so verhält, dass die meisten anderen Leute gut finden, was er tut. Und Moral ist halt das Wort, das man für alle diese guten Handlungen benutzen kann, ohne, dass man ständig nach einer umständlichen Umschreibung suchen oder alle Handlungen einzeln benennen muss.
C: Versteh‘ ich nicht.
A: Also, wenn ich dir jetzt dein Fahrrad klaue, wirst du das nicht gut finden.
C: Im Moment hätte ich nichts dagegen.
A: Gut, also anders. Angenommen, ich breche in dein Kinderzimmer ein und zerbreche deine Lieblingsschallplatten.
C: Was sind denn Schallplatten?
A: Ich meine CDs. Die kennst du doch noch, oder?
C: Meiner Mutter sind die zu teuer. Ich kaufe mir immer die Musikkassetten.
A: Nehmen wir also mal an, dass deine Mutter deine Musikkassetten nimmt und in den Müll wirft, weil sie wieder einmal in deinem Kinderzimmer herumliegen. Ich denke, da würdest du protestieren, nicht wahr?
C: Nee, es ist nicht so gut, meiner Mutter Widerworte zu geben. Die würde mir dann eine Schallern.
A: Sehr gut!
C: Gar nicht!
A: Nein, natürlich nicht. Ich meine, es ist gut für unser Beispiel. Bei uns gibt es viele Menschen, die es nicht gut finden, wenn ein Erwachsener in den privaten Raum vonKindern einbricht und Dinge zerstört. Darüber hinaus lehnen es auch viele Menschen ab, Kinder zu schlagen. Wenn sehr viele Menschen in diesen Dingen einer Meinung sind, hast du etwas, was man einen Konsens nennt. Da es etwas ist, was eine Handlung oder eine Unterlassung beschreibt, kann man es auch einen moralischen Konsens nennen. Es ist ein moralisches Gebot in unserer Gesellschaft, dass man keine Sachen beschädigt oder Dinge vernichtet, die einem nicht gehören und es ist ein moralisches Gebot, dass man niemanden schlägt, schon gar nicht jemanden, der schwächer ist.
C: Das sieht meine Mama aber bestimmt anders.
A: Ich weiß nicht. Ich glaube schon, dass deine Mutter zustimmt, wenn man sie fragt, ob es falsch ist, einen Schwächeren zu schlagen. Sie beugt lediglich die Moral in diesem Fall unter dem Deckmantel einer erzieherischen Maßnahme. Für sie ist es eine anderer moralischer Wert, der ihre Handlung motiviert. Sie möchte dich zu einem glücklichen und verantwortungsvollen Menschen erziehen, der den Wert seiner Sachen erkennt, der lernt, wie man Ordnung hält und die vor allen Dingen möchte, dass ihre eigene Arbeitskraft, die sie darauf verwendet dein Chaos im Kinderzimmer zu beheben, respektiert und anerkannt wird. Und sie hat in ihrem Elternhaus eine andere moralische Vorstellung von Erziehung mitbekommen, in dem der Konsens vorherrschte, dass ein Klapps in Ordnung sei, um das Kind zu einem gewünschten Verhalten zu bewegen.
C: Na, ich glaube nicht, dass meine Mama da jemals drüber nachgedacht hat.
Wollen wir jetzt endlich los? Ich habe keine Lust hier weiter im Regen zu stehen.
A: Klar! Auf geht’s!
...
...
...
C: Was ist denn jetzt?
A: Mein Rad ist platt.
C: Ach, wie schade! Dann müssen wir wohl gleich zu Kakao und Keksen übergehen.






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