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Figureninterview- Dr. Harmsen in der Kugelstadt

  • Autorenbild: claudia_roman
    claudia_roman
  • 29. Mai 2020
  • 3 Min. Lesezeit

These der Woche: Ein letztes Bier ist am Ende des Tages eine gesellschaftliche Pflicht



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Bild von Alexas auf Pixabay


These der Woche: Bier ist am Ende des Tages eine gesellschaftliche Pflicht.


Autorin: Frau Dr. Harmsen, ich freue mich, heute erneut mit Ihnen zusammenzutreffen. Es kommt mir vor wie gestern.


Dr. Harmsen: Es war vor vier Wochen.


Autorin: Das ist richtig. Wir sonnten uns auf dem Campingplatz.


Dr. Harmsen: Ich sonnte mich auf dem Campingplatz. Ihr ganzes Interesse galt, dem netten, schwulen Wutbürger.


Autorin: Er trug einen Deutschlandhut!


Dr. Harmsen: Das ist richtig.


Autorin: Da kann man schon mal auf den falschen Schluss kommen.


Dr. Harmsen: Auch das ist korrekt, zumal er sich auch nicht scheute ein Bier zu verkonsumieren.


Autorin: Höre ich da Ironie aus Ihren Worten?


Dr. Harmsen: Ich haben lediglich Ihre kognitive Verzerrung überzeichnet.


Autorin: Aber ich muss zugeben, eine bessere Überleitung zur These der Woche hätte ich auch nicht hinbekommen.


Dr. Harmsen: Was ist denn die These der Woche?


Autorin: Ein letztes Bier ist am Ende des Tages eine gesellschaftliche Pflicht. Stimmen sie dem zu?


Dr. Harmsen: Nicht unbedingt. Es kommt darauf an, welcher Gesellschaft man sich zugehörig empfindet.


Autorin: Ich verstehe. Nun führen wir das Interview ja wieder einmal an einem ungewöhnlichen Ort. Wenn Sie uns erklärt haben, wo wir uns befinden und was sie sehen, können wir sicher die Frage stellen, ob die Gesellschaft hier ein Feierabendbier erlaubt.


Dr. Harmsen: Das ist eigenartig, dass Sie Ihren Schwerpunkt auf den Feierabendrichten. Bei mir lag die erste Assoziation auf „dem letzten Bier“. Aber darauf können wir später noch eingehen.

Ich sitze in meinem Therapiezimmer in einer der Städte, die sich über die Kugelwelt ausbreiten.


Autorin: Wir sind also nicht in der Zwischenwelt?


Dr. Harmsen: Nein, die Zwischenwelt kann ich nicht betreten.


Autorin: Aber wie sind Sie aus der Realität von Lars und Loretta in die Kugelstadt gekommen?


Dr. Harmsen: Das muss noch ein Geheimnis bleiben. Es wird erst im zweiten Band, im Grunde sogar erst im dritten Band geklärt.


Autorin: Somit sind sie also auch ein Teil des zweiten Bandes der Claudia-Roman-Trilogie.


Dr. Harmsen: Wie Ihre Leser wohl noch nicht wissen und was nach Beendigung des ersten Teils zu Verwirrungen sorgen könnte.


Autorin: Auch wenn es schwerfällt, belassen wir es erst einmal dabei. Sie haben also ihre Praxis in einer Stadt in der Kugelwelt, wie stelle ich mir so eine Stadt vor?


Dr.Harmsen: Nun, sie müssen sich das so vorstellen: Die Städte in dieser Dimension verteilen sich nicht über eine weite Fläche wie sie das aus ihrer Welt kennen. Dafür ist die Umgebung zu unberechenbar. Hier kann sich alles in kürzester Zeit verwandeln. Nicht nur die Gegenstände verändern hier mal mehr oder weniger ihre Gestalt, ganze Gebirge können sich über Nacht zu einer Ebene abbauen und Flüsse können ihre Richtungen, Seen ihre Tiefe und Ausdehnung ändern. Seltener kommt es vor, dass der Boden aufreißt und gewaltige Schluchten entstehen.


Aber all das passiert nach unberechenbaren Regeln.

In so einer Umgebung kann man nicht auf Dauer in der Fläche bauen. Deshalb entstanden die Kugelstädte: Riesige Gebilde, die auf Stelzen über dem Boden gehalten werden. Durch die Stelzen wird der Kontakt zum Boden minimiert. Sie sind auch in sich beweglich, um Unebenheiten auszugleichen. Das alles wird von der oberen Ebene berechnet und gesteuert. Wir merken von diesen Dingen hier nichts.


Autorin: Jetzt interessiert mich aber doch, was sie mit der oberen Ebene meinen.


Dr. Harmsen: Die Kugel dieser Stadt hat einen Durchmesser von 2 Kilometern und acht Ebenen. Die normale Bevölkerung bewohnt allerdings nur die drei mittleren Segmente. Da drunter befindet sich die Ebene für die Umgebungstechnik und darunter wieder die Gefängnisabteilung. Über den Wohnebenen ist die Technik für die Lebenserhaltung, sowie die Produktion von Nahrung und darüber haben wir die obere Ebene, oder auch die Kuppelebene. Hier befindet sich das zentrale Rechenzentrum, dass alle notwendigen Prozesse, sammelt, berechnet und bewertet.


Autorin: Was meinen Sie mit ... Hey! Wieso geht das Licht aus?


Dr.Harmsen: Keine Sorge, das geht gleich wieder an. Ein wunderbares Beispiel für die Beantwortung Ihrer Frage. Sehen Sie? Schon ist es wieder hell. Es ist das Zeichen, dass bald die Nacht anbricht. Wir haben hier je keine wirklichen Tageszeitperioden. Deshalb müssen künstliche Anreize für einen gesunden Biorhythmus sorgen. Vor einigen hundert Jahren hatte man dafür ein akustisches Signal. Nach langen Untersuchungen und Recherchen und die Auswertung von Biosignalen, ist der Zentralrechner zu der Überzeugung gelangt, dass ein optisches Signal, einer Sirene vorzuziehen ist.

So, wenn ich Sie jetzt bitten darf, mein Büro zu verlassen? Ich habe jetzt Feierabend.


Autorin: Aber sie wollten noch auf das letzte Bier zurückkommen.


Dr. Harmsen: Achso, ja! Das ist schnell erklärt. Wir haben hier ein konsequentes Strafsystem. Je nach Schwere des Vergehens kann es auch schon mal zur Verhängung einer Todesstrafe oder eine Überweisung in die Gefängnisebene kommen. Da beides im Grunde auf das Gleiche hinausläuft, hat der Dissident, vor der Vollstreckung des Urteils das Recht auf ein letztes Bier.


Autorin: Also darüber müssen wir uns noch näher Unterhalten.


Dr. Harmsen: Gerne, aber nicht heute. Ich habe keine Lust mir hier Ärger einzuhandeln. Die Behörden sind da nicht zimperlich. Gute Nacht!

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