Figureninterview-Mit Dr.Harmsen auf dem Campingplatz
- claudia_roman

- 24. Apr. 2020
- 3 Min. Lesezeit
These der Woche : Freundschaft ist für besorgte Bürger total daneben.

Bild von G.H. auf Pixabay
Autorin: Frau Dr. Harmsen, ich begrüße Sie zu einem seltsamen Thema an einem besonderen Ort. Und NEIN, Sie bekommen diesmal nicht mein Klemmbrett. Dr. Harmsen: Hmmmm. Autorin: Mögen Sie vielleicht kurz schildern, wo sie sich befinden und was sie gerade sehen? Dr. Harmsen: Den blauen Himmel und eine Möwe. Autorin: Das ist gerade nicht hilfreich. Dr. Harmsen: Wie war das Wattwandern mit dem Wesen? Autorin: Ich verstehe jetzt nicht, was das mit unserem Interview zu tun haben sollte und damit, dass besorgte Bürger Freundschaft voll daneben finden. Dr. Harmsen: Sie sind wütend. Autorin: Nein, ich bin nicht wütend. Ich möchte nur ein konstruktives Interview führen. Dr. Harmsen: Und Sie finden, dass ein Interview über besorgte Bürger, die Freundschaft voll daneben finden, einen konstruktiven Kern haben könnte? Autorin: Sie sollen mir das sagen, verdammt! ... Ach, du Scheiße. Dr. Harmsen: Sie sind zu einer Erkenntnis gelangt? Autorin: Nein, vor dem Nachbarwohnwagen, hat sich gerade ein Mann an seinem Campingtisch niedergelassen und trinkt ein Bier. Dr. Harmsen: Das soll schon mal vorkommen. Autorin: Er trägt einen dieser Wutbürger-Deutschland-Hüte. Sehen Sie noch mal. Dr. Harmsen: Ich ziehe es vor, regungslos auf der Liege zu verweilen, in den Himmel zu schauen und Möwen zu zählen. Sollten Sie auch mal probieren. Das ist entspannender, als sich über Bier trinkende Leute mit Wutbürger-Deutschland-Hüten Gedanken zu machen. Autorin: Es geht doch nicht um biertrinkende Wutbürger mit Deutschland-Hüten! Dr. Harmsen: Worum denn dann? Autorin: Um deren politische Einstellung. Dr. Harmsen: Aha! Und was hat das mit Ihnen zu tun? Autorin: Es hat was mit der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit zu tun. Ich will nicht in einem Land Leben, in dem eine Gruppe gegen eine andere hetzt. Meinungspluralität ist extrem wichtig für eine Demokratie und meiner Ansicht nach, auch zur Genüge und transparent in diesem Land vorhanden. Unsere Kommunikations- und Streitkultur ist zwar noch verbesserungswürdig, aber jeder kann seine Meinung äußern, ohne dafür vom Staat abgestraft zu werden. Wenn hingegen eine Meinung den strukturellen Nachteil ganzer Gruppen pauschal für legitim hält, ist in meinen Augen Widerstand dagegen, auch im Sinne der Demokratie, durchaus berechtigt. Dr. Harmsen: So,so! Autorin: Sie sehen das anders? Dr. Harmsen: Mich würden die psychologischen Mechanismen interessieren, die dazu führen, dass ein Mensch diese Art zu denken gewählt hat. Autorin: Sie können dieses Exemplar ja gerne nach dem Interview fragen. Ich kann Ihnen aber sagen, da wird nicht viel kommen, außer diffuse Ängste und Ohnmachtsgefühle. Diese Menschen sind nicht bereit, vorsichtig auf das Unbekannte zu zugehen und sich selbst, also das Menschliche, in anderen zu erkennen und das, was neu und gut ist, ins Selbstkonzept zu integrieren. Um das auf die These der Woche zu beziehen: Freundschaft ist für solche Leute zwar nicht voll daneben, aber bewegt sich in den engen Bahnen der selbstauferlegten Meinungsdiktatur. Dr. Harmsen: Aha. Autorin: Oh, Mist! Waren wir zu laut? Der besorgte Bürger kommt auf uns zu! Besorgter Bürger mit Deutschland-Hut: Schönen Tag, die Damen. Ich will ja nicht stören, aber mein Mann Afrim und ich, wir wollten heute Abend grillen. Hätten Sie Lust dabei zu sein? Ich war ja etwas unsicher, Sie zu fragen, wegen dem AfD-Aufkleber an dem Wohnwagen, aber Afrim meint ja immer, wir sollten vorurteilsfreier auf die Leute zugehen. Autorin: WAS? Was für ein AfD-Aufkleber? Wo? ... Ach, das! Nein, das ist ein Missverständnis. Das ist ein „Angebot für Dumme“-Sticker, den muss die Vermieterin des Wohnwagens nur verkehrt aufgeklebt haben.






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